Freitag, 20. April 2012

Die Fortgeltung der Weimarer Verfassung

Die Weimarer Verfassung war die erste republikanische deutsche Verfassung. Sie wurde von der am 19.01.1919 vom Volk gewählten Weimarer Nationalversammlung ausgearbeitet und von dieser zum 14.08.1919 in Kraft gesetzt. Sie hob die Bismarck-Verfassung ausdrücklich auf.
Sie erschuf im Grunde genommen eine republikanische Variante des politischen Systems des Kaiserreiches von 1918 (kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Bismarck-Verfassung so geändert, dass der Reichstag gestärkt wurde und der Reichskanzler nun das Vertrauen des Reichstags benötigt und für das Handeln des Kaisers verantwortlich ist). An die Stelle des Kaisers trat der vom Volk gewählte Reichspräsident, der im Vergleich zum heutigen Bundespräsidenten eine sehr starke Stellung im politischen System genoss.

Die Verfassung wurde bis 1933 mehrfach geändert, es war sogar möglich, sie indirekt durch ein Gesetz zu ändern (was beim Grundgesetz nicht mehr möglich ist). Durch diese Möglichkeit, die Verfassung zu durchbrechen, entstand das Ermächtigungsgesetz, durch das Hitler seine Diktatur errichten konnte. Die Regierung hatte nun die Möglichkeit, ohne den Reichstag Gesetze zu erlassen, die zudem von der Verfassung abweichen konnten. Die Weimarer Verfassung fing nun an, faktisch gegenstandslos zu werden, da das durch sie errichtete politische System verschwand. 1934 wurden noch die Länder aufgelöst und die Befugnisse des Reichspräsidenten gingen auf Hitler über. Dadurch war das politische System vollständig geändert und die Weimarer Verfassung nur noch ein normales Gesetz, das durch andere Gesetze mit Verfassungsrang (d.h. sie enthalten Regeln zum Staatsaufbau) überlagert wurde. Auf verfassungen.de findet sich folgende kommentierte Variante, die verdeutlicht, wie die einzelnen Bestimmungen überlagert wurden:
http://www.verfassungen.de/de/de33-45/verf33.htm

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes 1945 blieb die Weimarer Verfassung weiterhin in Kraft. Es gab jedoch kein nach ihr funktionierendes politisches System und sie wurde durch die Gesetze und Verordnungen der vier Siegermächte, die nun die oberste Staatsgewalt ausübten, überlagert. Sie war weiterhin gegenstandslos.

Auch mit der Erschaffung des Grundgesetzes und damit der Bundesrepublik Deutschland als Neuorganisation eines Teils des deutsches Staates trat die Weimarer Verfassung formal nicht außer Kraft. Man nahm sogar die Kirchenartikel der Weimarer Verfassung (Artikel 136-139, 141) ins Grundgesetz mit auf, da man sich auf keine einheitliche Formulierung einigen konnte. Die Artikel wurden nicht ins Grundgesetz abgeschrieben, sondern durch den Artikel 140 GG eingebunden. Alle weiteren Artikel der Weimarer Verfassung sind allerdings nicht mehr anwendbar, da sie durch die entsprechenden Bestimmungen im Grundgesetz faktisch aufgehoben wurden. Dadurch ist neben den Kirchenartikeln nur noch ein Teil des Artikel 109 in Kraft, da es hierfür kein entsprechendes neues Gesetz gibt. Alle anderen Artikel sind wie bereits gesagt durch die Bestimmungen im Grundgesetz ersetzt und wurden durch das sog. BRSG aus dem Gesetzblatt gestrichen (siehe § 2.2.3 des BRSG). Somit ist von der Weimarer Verfassung offiziell nur noch ein letzter Rest übrig, der hier betrachtet werden kann:
http://www.gesetze-im-internet.de/wrv/BJNR013830919.html

Wir halten fest: Die Weimarer Verfassung gilt als einfaches Gesetz fort. Der größte Teil ihrer Bestimmungen ist jedoch nicht mehr anwendbar, da es aktuellere Gesetze gibt, die diese Bestimmungen faktisch aufheben.

Freitag, 13. April 2012

Beendigung Kriegszustand USA / Deutschland

Wie ich bereits im Artikel "Friedensvertrag und Feindstaatenklausel" schrieb, befindet sich Deutschland mit den vier Mächten nicht mehr im Kriegszustand, obwohl es keinen Friedensvertrag gibt. Der Kriegszustand wurde von den vier Mächten in einseitigen Erklärungen für beendet erklärt.
Als ich das mal in einer Diskussion mit einem Reichi erwähnte, meinte er, dass die Bundesrepublik ja gar nicht berechtigt war, für Deutschland Verträge abzuschließen. Selbst wenn das stimmen würde, wäre es auch nicht nötig, hier einen Vertrag abzuschließen, da es sich hier um Erklärungen handelte, die einfach nur von den Regierungen gegenüber Deutschland ausgesprochen wurden.
Die Erklärungen wurden zudem ausdrücklich gegenüber Deutschland ausgesprochen. Damit wird verdeutlicht, dass der jeweilige Staat den Kriegszustand mit allen Teilen Deutschlands für beendet erklärt, nicht nur gegenüber der Bundesrepublik oder der DDR.

Die jeweiligen Erklärungen sind (siehe Wikipedia-Artikel Westintegration):
  • Note der Regierung Großbritanniens betreffend die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland vom 9. Juli 1951
  • Dekret der Französischen Republik betreffend der Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland vom 9. Juli 1951 (vgl. Waldemar Schütz (Hrsg.), Chronologie – Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert: geprägt durch Ersten Weltkrieg, Nationalsozialismus, Zweiten Weltkrieg, in: Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert, Bd. 1, DVG, Rosenheim 1990, S. 290)
  • Proklamation des Präsidenten der USA betreffend die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland vom 24. Oktober 1951
  • Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR über die Beendigung des Kriegszustandes zwischen der Sowjetunion und Deutschland vom 25. Januar 1955
Die Proklamation des US-Präsidenten konnte ich nach einiger Internet-Recherche finden. Die Proklamation trägt die Nummer 2950 und ist u.a. hierzu finden:
Hier nun der Wortlaut:
Termination of the State of War With Germany
October 24, 1951

By the President of the United States of America
A Proclamation

Whereas, by a joint resolution, approved by the President on December 11, 1941, the Congress of the United States formally declared a state of war to exist between the United States and the Government of Germany (55 Stat. 796); and

Whereas on December 31, 1946, the President proclaimed the cessation of hostilities of World War II; and

Whereas it has been and continues to be the policy of the United States to bring about the conclusion of a treaty of peace with the government of a united and free Germany, but efforts to this end have been frustrated and made impossible for the time being by the policy of the Soviet Government; and

Whereas it has nevertheless been considered desirable to bring the existing state of war with Germany to a close and to remove Germany from its present enemy status, thus eliminating certain disabilities affecting German nationals; and

Whereas the rights, privileges, and status of the United States and the other occupation powers in Germany, and the rights and privileges of the United States and its nationals to which it or they have become entitled as a result of the war, as well as the right to exercise or enforce the same, derive from the conquest of Germany and the assumption of supreme authority by the Allies and are not affected by the termination of the state of war; and

Whereas the Congress of the United States by a joint resolution, approved October 19, 1951 (Public Law 181, 82d Congress), has resolved that the state of war declared to exist between the United States and the Government of Germany is terminated and that such termination shall take effect on the date of enactment of such resolution:

Now, Therefore, I, Harry S. Truman, President of the United States of America, pursuant to such joint resolution, do proclaim that the state of war between the United States and the Government of Germany declared by the joint resolution of Congress approved December 11, 1941 was terminated on October 19, 1951.

In Witness Whereof, I have hereunto set my hand and caused the Seal of the United States of America to be affixed.

Done at the City of Washington this twenty-fourth day of October, in the year of our Lord nineteen hundred and fifty-one, and of the Independence of the United States of America the one hundred and seventy-sixth.

HARRY S. TRUMAN
By the President:
DEAN ACHESON
Secretary of State
Die entsprechenden Erklärungen von Frankreich, Großbritannien und der Sowjetunion konnte ich bisher leider nicht finden. Ich hoffe, dass ich diese eines Tages nachreichen kann.